Wenn Unternehmensberater nur noch nerven - RöderRaese

Wenn Unternehmensberater nur noch nerven

„Wir haben uns eine Management- und Strategieberatung ins Haus geholt, Anke. Die kosten uns gerade den letzten Nerv. Schreiben uns Sachen in die Bücher, die wir überhaupt nicht wollen. Haben auch sofort viele Folgethemen identifiziert, die meiner Meinung nach gar nicht für uns passen. Natürlich machen wir das jetzt trotzdem – wenn auch nicht alles.“

Ich hörte dem Mann in unserem virtuellen Cafégespräch mit großen Augen zu und dachte ‚Boah, das gibt’s doch nicht!‘

Wieso macht der das?

Zuerst einmal war ich erschrocken darüber, wie schon nach so kurzer Zusammenarbeit mit dem Beratungsunternehmen die Begeisterung für das Change-Projekt derart im Keller sein konnte. Und als Zweites dachte ich: ‚Wieso macht der das trotzdem? Es ist doch sein Unternehmen, nicht das der Berater!’

Ich arbeite für diesen Kunden etwas außerhalb unseres Kerngeschäfts. Deshalb kam es zu diesem Gespräch, innerhalb dessen er mich fragte, was wir denn sonst noch so machen.

Und dann habe ich ihm erzählt von unseren Impeditionen. Dass wir nicht mit vorgefertigten Methoden und Strategien in die Unternehmen gehen. Dass wir uns stattdessen zuerst einmal anhören, was der Kunde will, was sein Problem ist – und uns dann erst überlegen, was er braucht.

Und vor allen Dingen: Dass es unser selbstgestecktes Ziel ist, nur so lange wie nötig und so kurz wie möglich in dem jeweiligen Unternehmen zu sein. Als er das hörte, meinte er nur: „Hätten wir uns doch nur früher kennen gelernt!“

Für mich war dieses Gespräch eine schöne Bestätigung, dass wir mit unserer Vorgehensweise auf genau dem richtigen Weg sind.

Wenn die Lösung vor dem Problem da ist

Ein klassischer Berater hat das Ziel, möglichst lange im Unternehmen gebraucht zu werden. Damit verdient er schließlich sein Geld. Und er hat das Ziel, dort die Probleme zu finden, die zu seiner Methode passen. Denn die hat er ja schon fertig in der Tasche. Ein Prozessoptimierer wird Prozesse finden, die dringend optimiert werden müssen. Und ein Strategieexperte wird feststellen, dass dem Unternehmen eine – genauer: seine – Strategie fehlt.

Aber warum hören Unternehmer wie dieser Kunde nicht auf ihr Bauchgefühl, wenn sie ahnen oder sich sogar sicher sind, dass die vorgeschlagenen Methoden für ihr Unternehmen nicht passen? Bauchgefühl ist ein guter Ratgeber.

Wenn Zweifel gesät werden

Viele Berater bauen in den Unternehmen Druck auf: „Wenn ihr erfolgreich sein wollt, müsst ihr unsere Maßnahmen umsetzen. Wenn ihr es nicht tut, werdet ihr nicht erfolgreich sein.“

Von so einem Szenario lassen sich selbst gestandene Unternehmer schon einmal verunsichern. Auch wenn ihr eigentlich wisst, was zu eurem Unternehmen passt und was nicht, und auch, wenn ihr euch bislang immer gut auf euer Bauchgefühl habt verlassen können: Jetzt bekommt ihr Zweifel. Ihr wollt ja auf jeden Fall erfolgreich sein.

Oder ihr habt euch vorher die Referenzen des Beratungsunternehmens angeschaut. Und dort standen die Who is who eurer Branche drin. Also müssen die Berater ja toll sein! Wenn ihr dann trotzdem unzufrieden mit denen seid, dann sagt ihr das nicht, sondern setzt deren Maßnahmen um. Anschließend schreibt ihr auf eure eigene Fahne: „Wir haben uns von dem Top-Beratungsunternehmen neu aufstellen lassen!“

Nur besser aufgestellt seid ihr dann immer noch nicht.

Also lasst euch nicht nerven!

Eure Anke

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