Verloren in Marrakesch - Röder Raese

Verloren in Marrakesch – oder: Kaffeetrinken für eine gute Organisation

Ich war überfordert. So viele Menschen. So ein Gewusel. So viele Geräusche, Farben, Gerüche. Ich wusste überhaupt nicht, wo mir der Kopf stand. Dabei war doch gar nichts Dramatisches passiert. Anke und ich besuchten doch nur einen der berühmtesten Märkte Marokkos, den Djemaa el Fna in Marrakesch. Und wir waren nicht den ersten Tag auf den Straßen der Stadt unterwegs. Hättet ihr mich vor diesem Moment gefragt, ich hätte euch gesagt: Okay, wie meine Westentasche kenne ich mich in Marrakesch nicht aus, aber verloren gehe ich hier auch nicht mehr … Das fühlte sich aber an diesem Tag, kaum waren wir in die Menschenmassen eingetaucht, die sich auf dem Markt tummelten, ganz anders an. Und genau an dieses Gefühl musste ich letztens denken, als ich mit einem Abteilungsleiter sprach. Ein Gefühl, ein Problem, das in vielen Unternehmen, wie ich es beobachte, an der Tagesordnung ist.

Verloren in der eigenen Organisation

„Ich blicke nicht mehr durch. Komme ich morgens rein, dann denke ich: Hey, heute wird das laufen. Aber nein. Dabei haben wir doch alle geschult. Und nicht zum ersten Mal. Doch wir bekommen das Projekt einfach nicht in trockene Tücher!“

Was war da los? Der Abteilungsleiter kannte sich in seinem Bereich aus wie wahrscheinlich kein Zweiter. Und dennoch konnte er mit seinem ganzen Wissen nichts Entscheidendes ausrichten. Und in diesem Moment, als er mir erzählte, wie verloren er sich in manchem Moment fühlt – wenn er von oben Druck bekommt, weil es bei ihm in der Abteilung nicht rund läuft; wenn seine Mitarbeiter sich um Rat an ihn wenden – da erinnerte ich mich an Marrakesch, das wir damals bei unserer Expedition besuchten. Und ich erzählte ihm von meinem Gefühl auf dem Markt – und was mir daran wichtig für sein Unternehmen – und vielleicht auch euer Unternehmen –erscheint.

Durchblick für eure Organisation

Denn ich fühlte mich damals in Marokko so verloren im bunten Markttreiben, weil ich zu nah dran war. Und so erging es dem Abteilungsleiter auch: Gerade weil er an allen Prozessen, an seinen Mitarbeiter, an den täglichen Abläufen seiner Abteilung so nah dran war, fehlte ihm der Überblick – und was übrig blieb war eben nur der tägliche Stress, von allem, was ihm begegnet, überrollt zu werden.

Was ich damals tat, das riet ich auch ihm: Ich nahm damals Anke an der Hand und steuerte ein Café, das ‚Cafe de France’, an. 

Dort saßen wir dann bei einem Tee und einem Kaffee und während ich ein wenig abseits vom ganzen Treiben den Markt beobachtete, spürte ich, wie ich langsam zur Ruhe kam. Konnte ich vorher den Wald vor lauter Bäumen nicht sehen, so sah ich nun immer mehr Details. Dort den Händler, der mit Lachen und ausladenden Gesten seine Waren anpries, da jemand, der Gemüse abwog, dort hinten ein besonderes lauter Marktschreier. Ich konnte mit meinem Blick einzelnen Menschen auf ihrem Weg durch das Gewusel folgen. Und ich denke, dass es auch in euren Unternehmen genau diesen Blick von ein wenig abseits immer wieder braucht, damit ihr den Durchblick bekommt oder behaltet.

Vielleicht gelingt es ja euch selbst, gewissermaßen auf einen Kaffee oder zwei, zur Seite zu treten oder ihr bittet jemanden, von außerhalb eures „Markttreibens“ in eurem Unternehmen auf eure Organisation zu schauen. Ich denke, dass erhöht die Chancen, zu erkennen, was warum nicht läuft. Was ihr an eurer Organisation verbessern könnt.

Euer Mike

Vorheriger Beitrag
Angststarre oder Angriff: eure Chance im Change Management
Nächster Beitrag
Agilität: Weniger denken, souveräner fahren!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Bitte füllen Sie dieses Feld aus.
Bitte füllen Sie dieses Feld aus.
Bitte gib eine gültige E-Mail-Adresse ein.
Sie müssen den Bedingungen zustimmen, um fortzufahren.