Es war irgendwo im hügeligen Hinterland von Portugal. Wir waren auf einer kleinen Straße unterwegs. Von einer kleinen Anhöhe aus sahen wir, dass die Straße steil ins nächste Tal hinunterging, wo sie sich unter einer Brücke hindurchschlängelte – einer ziemlich kleinen Brücke –, um sofort danach wieder ebenso steil anzusteigen. Ob wir mit unserem Expeditionsmobil da durchpassen würden?
Ein klarer Fall für einen Auftrag an den Beifahrer.
Kein Chill-Job
In dieser Situation entschieden wir uns dafür, dass ich die Beifahrerrolle übernehmen, aussteigen und die Gegebenheiten checken sollte. Der Beifahrer ist in einem Lkw auf Expedition nicht einfach nur jemand, der gemütlich neben dem Fahrer chillt oder sich die Fingernägel lackiert. Im Gegenteil, oft hat er mehr zu tun als dieser, wenn die Fahrt reibungslos verlaufen soll. Immer wieder aussteigen, einweisen, vielleicht sogar vorlaufen und den Weg kontrollieren. Einiges davon könnte der Fahrer auch selbst erledigen, aber der Vorgang bräuchte mindestens doppelt so lange. Ein guter Beifahrer macht alles viel einfacher.
Das ist im Unternehmen nicht anders: Immer wieder tauchen Situationen auf, in denen ihr, statt alles, was an Überraschungen auftaucht, selbst zu erledigen, euch lieber fragen solltet: Gibt es nicht jemanden im Unternehmen oder auch von außen, den wir hier einbinden können? Vielleicht eine Person, die sich mit diesem Thema gut auskennt oder so etwas schon mal gemacht hat. Jemand, der zum Beispiel schon ein gutes Gespür für die Marktentwicklung oder für Kundenkommunikation bewiesen hat.
Statt darüber nachzudenken, mit welchem Tool oder mit welcher Methode ihr an ein Problem herangeht, kann es eine gute Idee sein, mal zu fragen: Wer kann uns dabei unterstützen?
Der kritische Punkt
Wie beim Lkw-Fahren ist mit der Auswahl des richtigen Beifahrers die Sache aber noch nicht geritzt. Auch die Kommunikation zwischen Fahrer und Beifahrer muss funktionieren.
Vor der Brücke in Portugal zum Beispiel fragte ich Mike: „Okay, was denkst du, Mike: Was ist der kritische Punkt?“
Wenn ich als Beifahrer weiß, welche Information sich mein Fahrer wünscht, kann ich mich darauf konzentrieren, ihm die zu liefern – zusätzlich zu dem, was mir sonst noch so auffällt.
„Ich glaube, dass es hinten am Aufbau, wo der Kamin sitzt, eng werden könnte.“, antwortete er.
Auch im Unternehmen macht es Sinn, mit eurem „Beifahrer“ zu diskutieren, wo die wichtigen Knackpunkte sind, damit er gute Dienste leisten kann. Vielleicht hat er oder sie auch eine gute Idee, wie das Problem zu lösen ist.
Doch das ist nur einer von vielen Aspekten.
Was heißt „nach links“?
Ein weiterer Aspekt ist die Absprache, wie Fahrer und Beifahrer sich verständigen wollen: Was heißt es denn, wenn der Beifahrer zum Beispiel mit dem Arm heftig nach links winkt oder nach links zeigt? Für den einen heißt es „das Lenkrad sofort komplett nach links einschlagen“, für den anderen „das Fahrzeug nach links fahren lassen“ und für den dritten (uns) „nach links lenken solange der Arm links zeigt“. Wichtig ist deshalb, dass Beifahrer und Fahrer dieselbe „Sprache“ sprechen. Diese sollte klar und unmissverständlich sein.
Der wichtigste Aspekt aber ist aus meiner Sicht: Der Fahrer muss dem, was der Beifahrer ihm anzeigt, vertrauen und dessen Einweisung Folge leisten. Was passiert, wenn das nicht der Fall ist, haben wir schon oft bei anderen Pärchen beobachtet: In der klassischen Konstellation winkt die Frau in eine Richtung und der Mann fährt schimpfend in die andere, weil er mit ihren Anweisungen nicht einverstanden ist. So ist sowohl der Konflikt als auch der Frust vorprogrammiert.
Perfekt aufgeteilt
Statt die Flinte dann ins Korn zu werfen, könnten die beiden sich auch verständigen, welche Hilfestellung sie als „Beifahrerin“ leisten kann. Vielleicht weist sie nicht ein, aber warnt ihn vor herannahenden Kindern. Oder er achtet auf die Seitenbegrenzungen rechts und links, während sie die Dachrinne der Einfahrt im Auge behält.
Mit genügend Absprachen gelingt nicht nur die Verständigung besser, auch der Ablauf wird noch reibungsloser – auch im Unternehmen.
Unter der schmalen Brücke sind wir übrigens dann durchgekommen – dank meinem guten Auge und der Zentimeterarbeit von Mike.
Eure Anke