Wenn ihr Mikes letzten Blog gelesen habt, dann wisst ihr schon, wie sehr er sich für die Elefantenkuh begeistert hat, die wir auf unserer Safari in Südafrika beim Wasserloch-Graben beobachtet haben. Mike war fasziniert, wie dieses Tier klug sein ganzes Repertoire an Möglichkeiten auspackte, um sein Ziel zu erreichen. Ich fand das auch toll, doch noch spannender fand ich ein weiteres Verhalten der Elefanten, das wir auf dieser Tour gesehen haben – gerade im Hinblick darauf, was Unternehmen davon lernen können.
Immer mit der Ruhe
Wir haben zum Beispiel einen Elefanten gesehen, der vor einem großen Busch stand. Er hätte einfach drauflos fressen können, aber nein: Er schaute sich den Busch erst einmal gründlich an. Er trat sogar etwas zurück und ging ein Stück um den Busch herum, so als wolle er schauen, wo die leckersten Blätter hängen.
Als er die Zweige hinten rechts als sein Ziel ausgemacht hatte, stürmte er immer noch nicht darauf zu, stattdessen verharrte er noch eine Weile. Er schien zu überlegen, mit welchen Mitteln er am einfachsten an diese Mahlzeit herankommen könnte.
Und das alles geschah ganz in Ruhe. Er nahm sich die Zeit, um sein Ziel auszumachen und auch den besten Weg dahin. Ich war hin und weg vom Verhalten „meines“ Elefanten. Und mir ging durch den Kopf: ‚Das täte auch Unternehmen in vielen Situationen gut.‘
Lasst uns doch mal schauen …
Ich denke da zum Beispiel an die Situation, in der in einer Abteilung Mitarbeiter gekündigt haben. Da ist ja oftmals der erste Gedanke: ‚Na ja, dann besetzen wir die Stellen halt neu.‘
Also werden die Stellen mit den gleichen Stellenbeschreibungen ausgeschrieben, wie sie der ausgeschiedene Kollege oder die Kollegin hatte. Entsprechend werden Vorstellungsgespräche geführt, die Leute eingestellt, die Aufgabenverteilung bleibt wie sie ist.
Dabei wäre es mal toll zu sehen, dass die Abteilungsleitung sagt: „Okay, lass uns doch schauen, welche Themen, welche Aufgaben, welche Tätigkeiten wir in dieser Abteilung haben. Und dann schauen wir, welche Mitarbeiter mit welchen Fähigkeiten, Methoden und Tools wir haben. Können wir vielleicht jetzt so umstellen, dass wir entweder gar keine Stellen neu besetzen müssen oder dass wir statt drei Stellen nur eine neu und zwar anders ausschreiben müssen. Vielleicht haben wir in unserer Abteilung niemanden, der gerne Betriebsdokumentationen schreibt, und hätten die Chance, uns dafür jemanden zu holen.“
Was ist das Problem?
Der Punkt ist zu erkennen, was in der Situation überhaupt das Problem ist. Sich – wie der Elefant – dafür Zeit zu nehmen und zu schauen: Wo wollen wir hin und was brauchen wir dafür wirklich? Klar geht es schneller, die alten Stellenbeschreibungen aus der Schublade zu ziehen und so weiterzumachen wie bisher. Aber zielführender ist das nicht.
Denn erst wenn ihr das wahre Problem erkannt habt, könnt ihr entscheiden, wie ihr das angehen könnt, mit welchen Mitteln oder Tools ihr da überhaupt darauf reagieren solltet und welche Methoden und Erfahrungen ihr zur Verfügung habt. Der Schritt zurück und mit ein bisschen Distanz auf die Lage schauen, hilft da sehr. Oft ist an diesem Punkt die Unterstützung von Außen hilfreicher, als sie sich erst für die Umsetzung zu holen.
Dieses Bild, das ich im Kopf von „meinem“ Elefanten mitgenommen habe und das so viel überlegte Ruhe ausstrahlt, wird mich jedenfalls noch lange daran erinnern, dass ich mir Zeit für die Problemerkennung nehme und nicht gleich losstürme.
Eure Anke