Um es euch gleich vorweg zu sagen, ich werde verallgemeinern. Also: Beratung ist immer auch Akquise. Bucht ihr einen Berater für euer Unternehmen, vor allem wenn es ein größeres Unternehmen ist, dann ist meist Cross-Selling inklusive: Euer Berater achtet auf weitere Themen, die nicht zu seinem Mandat gehören, die aber aufgegriffen werden könnten, um einen Folgeauftrag an Land zu ziehen, weitere Berater ins Unternehmen zu holen. Und der Kundennutzen? Euer Nutzen …
Kundennutzen ausgehebelt
Der Blick auf weitere Unterstützungsleistungen oder den Verkauf von Personentagen hebelt die Analyse und Bearbeitung des eigentlichen, dringenden Problems aus, für das ihr einen Berater ins Haus geholt habt.
Über diesem Fokus auf Akquise, der oft in den Zielvereinbarungen der Arbeitsverträge von Beratern verankert sind, die einen bestimmten Umsatz, sprich neue Aufträge, holen müssen, wird das eigentliche Ziel der Beratung also verfehlt oder vernachlässigt. Der Kundennutzen gerät aus dem Blickfeld.
Das geschieht, weil Ungebundenheit in der Beratung heutzutage immer noch eine Besonderheit ist. Dabei sehe ich in ihr einen besonderen Vorteil für den Kunden und die Beratungsleistung.
Kundennutzen und Kickern
Ich will jetzt nicht alle Berater über einen Kamm scheren, wie gesagt, ich verallgemeinere. Aber viele Berater sind zu nah am Unternehmen dran, sind kaum mehr als Externe zu erkennen. Gehören gewissermaßen dazu, weil sie Monate, ja Jahre dabei sind.
Aber durch diese Nähe geht der neutrale Blick verloren, der mir so wichtig erscheint, um sowohl die Details als auch die großen Themen (die Elefanten im Unternehmen) wahr- und ernst zu nehmen.
In vielen Unternehmen gehört es mittlerweile zum guten Ton, einen Tischkicker zu haben, an dem sich die Mitarbeiter den Kopf freispielen können. Was ich aber irritierend finde, ist wenn externe Berater dort spielen, nicht einmal, sondern regelmäßig – unter sich. Oder wie Anke einmal gesagt hat: Wenn der Berater erst einmal seine eigene Topfpflanze mitbringt, geht der Kundennutzen flöten …
Diese Gebundenheit führt zu der Neigung, dem Kunden nach dem Mund zu reden. Weil sich ja alle lieb haben … Weil der nächste Folgeauftrag zählt …
Deswegen ist Ungebundenheit für mich so wichtig.
Kundennutzen und Ungebundenheit
Wenn ich den Finger in die Wunde lege, weil ich weiß, dass hier der blinde Fleck ist, der dem Unternehmen schadet, dann ist das der Akquise vielleicht nicht förderlich. Aber es hilft meinem Kunden weiter. Mein neutraler Blick erlaubt mir eine Analyse der Probleme und Möglichkeiten, die Nähe nicht zulässt. Meine Ungebundenheit bringt einen anderen Blick ins Geschehen ein, als er im Unternehmen eh schon da ist. Ungebundenheit beugt Betriebsblindheit vor. Sie sorgt dafür, dass Anke und ich ohne Scheuklappen agieren.
Klar, Vertrauen ist wichtig. Aber das Vertrauen zwischen Kunde und Berater sollte nicht zu einer Beziehung werden, die in Gebundenheit erstarrt. Deswegen entscheide ich mich für mehr Abstand, um den Nutzen für das Unternehmen nicht aus den Augen zu verlieren.
Euer Mike