In der Ausgabe 24/2019 des Spiegels beginnt die Titelgeschichte auch mit dieser Überschrift. Doch ich schwöre, ich hatte den Gedanken dazu schon vorher. Es beschreibt passend und kurz, die Irritation, die so manche Vorschläge zur Umstrukturierung oder zum Miteinander auslösen. Echt jetzt? – das hat er jetzt wirklich gesagt? Echt jetzt? – das hat sie jetzt wirklich gemacht?
Ich erinnere mich an einen Gruppenleiter, der vor fast 20 Jahren, eine neue Führung, einen neuen Zusammenhalt einführen wollte. Die Gruppe sollte näher aneinanderrücken und auch die Barriere zum Gruppenleiter sollte verschwinden oder mindestens verkleinert werden. Oft hat er sich Gedanken zum Team gemacht. Die Reaktionen der Teammitglieder beobachtet und analysiert. Reflektion zu sich und seinem Verhalten vorgenommen. Diese Auseinandersetzung mit sich selbst, dem Team und den Mitarbeitern war lobenswert. Es hatte aber auch zu Verwirrungen geführt, da wir im Team manchmal das Gefühl hatten, dass Besprechungen, Meinungen und Verhalten analysiert und bewertet wurden. Nach langer Überlegung und Selbstreflektion kam mein damaliger Chef dann zu dem Entschluss, uns allen offiziell das „Du“ anzubieten. Die vermeintliche Distanz, die durch das „Siezen“ erzeugt würde, sollte dadurch vermindert und eine offene und ehrliche Kommunikation etabliert werden. Der Chef wollte Teil des Teams sein und auch die Diskussionen und Gedanken der Gruppenmitglieder mitbekommen bzw. einbezogen werden. Wir sind ja jetzt alle per „Du“ und können uns alles erzählen. Weit gefehlt. Schnell merkten wir alle, dass es doch einen entscheidenden Unterschied gibt. Dies kann im folgenden Satz zusammengefasst werden und wurde auch so ihm mitgegeben. „Sich Duzen aber wie Sie verhalten.“
Vertrauensarbeitszeit kann man nicht kontrollieren
Anderes Unternehmen, neue Situation und Jahre später habe ich folgendes erleben dürfen, was auch wieder die Reaktion „Echt jetzt?“ ausgelöst hat. Im Rahmen der Neustrukturierung der Organisation mit Town Hall Meetings, Befragungen, Workshops und Partizipation der Mitarbeiter sollten Werte definiert und entwickelt werden. Eine neue Kultur etabliert und die Organisation verändert werden. Wie so oft, fokussieren sich solche Maßnahmen bzw. die finale Entscheidung darüber oft auf die Führungsebenen der Organisation. Dort werden die maßgeblichen Schritte und Aktionen diskutiert und bestimmt, wenn nicht schon Teile vorab (oder schlimmer danach) vom Top-Management „neu“ entschieden oder entmachtet werden. Nun, ich hatte das Glück als Teil der Führungsebene an einer solchen Ganztages Veranstaltung teilnehmen zu dürfen. Aus den grundsätzlichen Diskussionen sollten dann schnell konkrete Maßnahmen entstehen. Fassbare, direkt umsetzbare Aktionen, die ab morgen in der Organisation stattfinden sollten. Diese Aktionen sollten auch die definierten Werte – wie z.B. Vertrauen – unterstützen und aufzeigen. Es kam wie es kommen musste, wir besprachen Themen wie Meetingkultur oder E-Mail-Etikette. Gefühlt zum 1000ten Mal und sicherlich bereits mehrfach aufgeschrieben. Aber auch die Einführung der Vertrauensarbeitszeit wurde thematisiert. Bis dato mussten wir alle stechen und die Zeit wurde täglich erfasst. Also sollte dies nun abgeschafft werden und eine Vertrauensarbeitszeit stattdessen vorgeschlagen werden. Da meldete sich das Top-Management zu Wort, nachdem lange über Vertrauen und Werte gesprochen wurde, dass diese Maßnahmen ja nicht eingeführt werden könnte, da dann das Management die Mitarbeiter oder die Zeiten nicht mehr kontrollieren könne. „Echt jetzt?“. Haben wir nicht gerade ausführlich über Werte und hier besonders Vertrauen gesprochen?
Doch ohne Konsequenzen geht es nicht
Solche und ähnliche Beispiele kann jeder sicherlich selbst beisteuern. Die Beispiele zeigen deutlich auf, dass Action Items, Maßnahmen oder Vorgaben auch gelebt und geliebt werden sollten, damit sie erfolgreich sein können. Lieblose Andeutungen helfen nicht. Viele Entscheider werden aktuell getrieben von den Erwartungen der Mitarbeiter (insbesondere der jüngeren), von den Hypes neuen Trends folgen zu müssen, dem unsicheren Marktumfeld und den Verlusten in Umsätzen oder Erträgen, die durch neue Konkurrenten entstehen. Daher werden so oft, Transformationsprojekte gestartet und mit klassischen Projektmanagement-Tools sowie mit Top-Down Vorgaben angestoßen und in die Organisation gepumpt. So oft, entstehen diese jedoch nicht aus klarer Überzeugung, sondern aus externem Druck heraus. Eigentlich möchte das Management gar nichts ändern, sondern weiterhin alles führen, leiten und entscheiden.
Doch auch wenn die Überzeugung gereift ist, dass Transformation und Anpassungen innerhalb der Organisation und der Struktur zwingend notwendig sind, ist das Management oder Top-Management nicht bereit die Konsequenzen zu tragen oder zuzulassen. Doch ohne Konsequenzen geht es nicht. Nach dem Motto „wasch mich aber mach mich nicht nass“ können Veränderungen in der Organisation nicht funktionieren. Die möglichen Konsequenzen werden gerne übersehen oder erst gar nicht beachtet. Die Mitarbeiter merken schnell ob konsequent gedacht und mitgemacht wurde. Für Mitarbeiter erscheinen dann nämlich Entscheidungen und Veränderungs-Schritte nicht mehr authentisch und verlieren ihren Reiz bzw. Antrieb. Wenn Konsequenzen erst gar nicht durchdacht wurden, dann werden auch keine Begründungen für mögliche Abweichungen von den Erwartungen angegeben. Dies ist schade. Denn Mitarbeiter können sehr wohl auch unbefriedigende Entscheidungen verstehen, sofern diese erläutert werden.
Werden aber Konsequenzen ignoriert, ja verneint, um seinen eigenen Status und seine Komfortzone im (Top)-Management zu bewahren, dann ist dies das Ende von glaubhaften Veränderungen in der Organisation. Das Ende der Unterstützung der Mitarbeiter und der Betroffenen. Glaubhaftigkeit und Authentizität sind die Schlüssel für erfolgreiche Veränderungen in Organisationen. Zulassen, loslassen und machen (lassen) erhöhen die Chance auf eine zukunftsfähige Struktur. Gemeinsam die nächsten Schritte erarbeiten und besprechen. Offen zu kommunizieren. Nicht jeder Mitarbeiter oder jede Führungskraft muss alles gut finden, aber über die Schritte und Beweggründe sollte offen gesprochen werden. Ein ehrlicher Austausch im Prozess der Veränderungen hilft für einen positiven Zuspruch in der Organisation.
Es ist eben kein „Selbstläufer“
Alles was gesagt und geschrieben wird, klingt einleuchtend und einfach. Aber es ist immer leichter gesagt als getan. Der Prozess sollte begleitet und immer wieder angestoßen werden. Sowohl auf den Management-Ebenen als auch bei den Mitarbeitern sind kontinuierliche „Unterstützungen“ im Veränderungsprozess zu etablieren. Es ist eben kein Selbstläufer und von allen Beteiligten und besonders von den Betroffenen verlangt die Veränderung Disziplin und Ausdauer.
Hierfür bieten sich unsere Impeditionen an. Individuell und maßgeschneidert auf die jeweilige Situation und die Abteilung erforschen wir die aktuelle Lage und die nächsten Schritte. Dabei gehen wir bewusst und frühzeitig, auf die Mitarbeiter zu und lernen deren Umfeld kennen. Eine gemeinsame Entdeckung und Beobachtung ist das Fundament einer erfolgreichen Umsetzung. Unsere Impeditionen basieren grundlegend auf dem Zuhören und Verstehen der Ausgangslage, der Identifizierung der Herausforderungen und der Konkretisierung der notwendigen Schritte.