„Du machst den LKW-Führerschein? Als Frau?“ – ich konnte es zunächst nicht glauben, dass mich das jemand – heutzutage! – ernsthaft fragt. Aber mich fragte das nicht nur einer. Und es fragten mich Männer wie Frauen. Und ich dachte nur: „Warum nicht?!“
Denn als wir die Idee unseres Expeditionsmobils konkretisierten. Als sich aus unseren Wünschen und Träumen und ganz praktischen Anforderungen unsere zukünftige Heimat auf vier Rädern herauskristallisierte. Als Mike und mir klar wurde, dass unser Expeditionsmobil ein LKW sein würde – und da wusste ich: Den möchte ich auch fahren! Ein Führerschein der Klasse C muss her … – und das sogar möglichst bald: Denn wir hatten „unseren“ Hersteller gefunden.
Unser Expeditionsmodell – ein Schatz von einem LKW
Nach dem Rückschlag, von dem Mike in seinem letzten Blog schreibt , waren wir beide erst einmal durch ein Tal der Tränen gegangen. Denn unser Traum schien in weite Ferne gerückt: Dem Hersteller, mit dem wir in Verhandlungen für eine Auslieferung 2022 waren, hatten wir abgesagt – es passte einfach nicht. Und einen anderen hatten wir nicht. Doch dann gelang Mike im Internet den Glücksfund – und zwar in Österreich. Ein echter Schatz, oder genauer: Ein Schatzmeister.
Wir telefonierten und fühlten uns gleich mit unseren Ideen verstanden. „Und ja, wir verarbeiten Holz, kein GfK …“ – und so fuhren wir kurzerhand nach Österreich. Das war Mitte Januar. Und wir dachten, wir schauen einfach mal, was die für uns haben. Und was hatten die? Genauso lange Lieferzeiten wie alle anderen.
Aber: Sie hatten für die Offroad-Messen des Jahres 2020 ein Vorführmodell gebaut, um Händler und Kunden die neuesten Ideen zu präsentieren. Diese Messen wurden aber kurzfristig – wie so vieles – wegen Corona abgesagt. Das Expeditionsmobil stand also immer noch auf dem Gelände.
Und das Beeindruckende war: Der LKW schien genau nach unseren Wünschen ausgebaut zu sein. Und die Leute vor Ort waren wirklich ein Schatz. Wir waren auf einer Wellenlänge. Wir konnten ein JA! mit Ausrufezeichen sagen. Und die Schatzmeisters sagten uns: „Ja, ihr könnt den LKW haben. Euer Expeditionsmobil!“
„Du machst den LKW-Führerschein? Als Frau?“
Und dann lief alles am Schnürchen. Wir klärten die Finanzierung. Zwei, drei Kleinigkeiten würden an unserem Expeditionsmobil noch umgebaut werden. Wir unterschrieben den Kaufvertrag. Der Ausliefertermin wurde fixiert: Mitte Juli. Nur noch wenige Monate … Wir konnten unser Glück kaum fassen.
Allerdings mussten wir, um unser Glück noch vollständig zu machen, noch einen großen Schritt gehen: die Fahrerlaubnis. Also die Erlaubnis, dass wir überhaupt einen LKW größer 7,5 Tonnen fahren und einen entsprechenden Führerschein der Klasse C machen dürfen (inklusive entsprechender ärztlicher, vor allem augenärztlicher Atteste). Schon in normalen Zeiten ein Verfahren, das sich hinziehen kann. In Zeiten der Pandemie war auch hier alles etwas umständlicher und langwieriger. Doch dann endlich, nachdem unsere Geduld auf die Probe gestellt worden war, hatten wir die Erlaubnis in der Tasche. Im Schnelldurchgang absolvierten wir die theoretische Führerscheinprüfung – und dann erhielten wir unsere erste Fahrstunde.
Was für eine Erfahrung – die erste Fahrt.
2 Meter 55 Zentimeter breit, knapp 4 Meter hoch, knapp 10 Meter lang – ein Mercedes Actros war unser Fahrschul-LKW. Und als ich das erste Mal ins Fahrerhaus hochkletterte, war das beeindruckend. So würde es also sein, aus dem Fenster unseres Expeditionsmobils zu schauen …
Eine Stunde erhielten wir dann vom Fahrlehrer eine Einführung, welcher Knopf bei welcher Gelegenheit gedrückt werden muss etc. Bis er dann sagte: „So Anke, jetzt fahr mal los!“ Und ich fuhr. Mike fuhr nach mir. Durch enge Gassen. Vorbei an parkenden Autos. Und bald hatten wir beide ein breites Grinsen im Gesicht.
„Du machst den LKW-Führerschein? Als Frau?“ – JAAAA!, kann ich nur sagen: „Und im Juli könnt ihr mich am Steuer unseres eigenen LKW‘s erleben!“
Formalien rund um unseren LKW
Aber dazu brauchten wir dann noch die Zulassung unseres LKWs als Expeditionsmobil … Da dachte ich nach den langwierigen Erfahrungen mit der Fahrerlaubnis, das kann sportlich werden – und so entschlossen wir uns, auf einen Zulassungsdienstleister zurückzugreifen. Weil der feste Slots bei den Zulassungsbehörden hat, also kurze Dienstwege, während wir als Privatperson relativ lange Vorlaufzeiten haben, bis wir an einen Termin kommen. Es ist ja immer noch Corona…
Es war eine gute Entscheidung, auf einen Experten zurückzugreifen, auch weil wir ja so einige Besonderheiten in der Zulassung hatten: Wir hatten ein LKW-Fahrgestell mit Wohnkoffer, unser Expeditionsmobil sollte aber nicht als LKW oder Nutzfahrzeug zugelassen werden, sondern als KFZ-Wohnmobil. Denn in diesem Fall galt für uns nicht das Sonntagsfahrverbot, nicht die Verpflichtung zur Fahrerkarte. Wir müssen uns also nicht an bestimmte Fahr- und Lenkzeiten halten. Der LKW sollte nicht auf uns als Privatperson, sondern auf unsere Firma zugelassen werden.
Drei Wochen brauchten wir, bis wir mit vereinten Kräften alle Unterlagen zusammen hatten. Der Senior der Schatzmeisters kam sogar persönlich bei uns in Trier vorbei (er war auf Urlaubsdurchreise nach Schweden und hatte einen Umweg von einigen hundert Kilometern in Kauf genommen) und brachte uns noch fehlende Originalunterlagen. Unser Zulassungsdienstleister meinte: „Keine Ahnung, welche Komplexitätskriterien ich noch in ihren Fall bringen sollte.“ – aber dann hatte wir die Zulassung durch. In einem Wisch.
Wir erhielten unsere Nummernschilder …bereit zum Abholen.
Aber davon erzählen wir euch in unserem nächsten Blog: Wie wir unser Expeditionsmobil in Österreich abgeholt haben und auf die erste Fahrt gegangen sind.
Eure Anke