Unsere Tour gen Süden nach Portugal war keine dieser „Jetzt fahren wir mal gemütlich in Etappen“-Reisen mit dem Expeditionsmobil: Wir legten es dieses Mal auf Strecke an, wollten schnell unser Ziel erreichen, wollten unsere Grenze am Steuer erfahren. Also fuhren wir durch Frankreich, Spanien, ohne großartig lange Halt zu machen. Mike fuhr am Tag, ich in der Nacht. Um kurz nach Mitternacht überquerten wir die portugiesische Grenze. Und dort in diesem schönen Land erfuhren wir dann so einiges: Zum Beispiel über portugiesische Straßenschilder, über die Guarda Nacional Republicana und über Sehnsucht und Neid beim Remotearbeiten.
Expeditionsmobil am Abgrund
Ein Learning, das wir auf unserer Fahrt hatten, war: Nehmt Straßenschilder in Portugal ernst! Wenn ihr durch Spanien fahrt und dort ein Schild vor einer scharfen Kurve warnt, dann stellt sich diese scharfe Kurve dann oft als leicht fahrbar heraus. Wenn aber in Portugal auf einem Straßenschild steht: „Achtung, scharfe Kurve!“ – dann kommt auch eine scharfe Kurve. Das ließ in der ersten Nacht auf portugiesischen Straßen meinen Puls in die Höhe schnellen: Wie ich am Lenkrad ans Kurbeln kam und unser ExMo in der Kurve gefühlt gen Abgrund driftete, den ich in der Dunkelheit mehr ahnen als sehen konnte.
Portugal war fahrerisch eine Herausforderung: Die Straßen wurden immer schmaler. An vielen Stellen waren am Straßenrand unbefestigte Wassergräben, die schlecht zu erkennen waren. Stromkabel wurden gerne locker zwischen Strommasten über die Straßen gespannt, so dass
sie herunterhingen und unserem ExMo in der Höhe Probleme bereiteten. Kamen wir durch eine Ortschaft, so waren viele Häuser nah an den Straßenrand gebaut und sie hatten diese pittoresken französischen Balkone, die über die Straße ragten: Mancherorts war deswegen eine Art Zickzack-Kurs angesagt.
Aber wir kamen im Verlauf der Wochen immer besser mit diesen fahrerischen Herausforderungen klar und womit wir gegen alle Voraussagen auch gut klar kamen, war die Guarda Nacional Republicana.
Respekt und Knochen für Rahna
Im Vorfeld haben uns einige vor der GNR gewarnt, weil sie angeblich Campern nicht wohl gesonnen sei und sie gerne von ihren Standplätzen verscheucht. Nun ist unser Expeditionsmobil ja durchaus ein Hingucker und wir haben auch einige Male Besuch von der GNR erhalten, die sich unser ExMo ansahen. Jedes Mal aber haben sie gelächelt, Daumen hoch, und sind weitergefahren. Wir sind in ganz Portugal nie von unserem Platz verscheucht wurden.
Warum? Ich glaube, weil wir rücksichtsvoll und mit Respekt gegenüber der Natur und den Menschen unterwegs waren. Kamen wir an eine schöne Stelle, haben wir uns nicht mit dem ExMo in die erste Reihe gestellt, damit wir die schöne Aussicht genießen können (und die anderen die Wände unserer Zirbenbox). Wir verhielten uns auf eine gewisse Weise „anschmiegsam“ an die Gegebenheiten.
An einem Stellplatz mussten Straßenarbeiter den Bodenbelag ausbessern. Rahna machte uns gleich laut bellend nach der Ankunft der Arbeiter auf diese aufmerksam. Ich fragte dann mit Händen und Füßen und einem Übersetzungsprogramm auf meinem Handy, ob wir das ExMo zur Seite fahren sollen, damit sie in Ruhe arbeiten können. Was sie verneinten. Am Nachmittag dann klopfte es an der Tür. Tock. Tock. Tock. Unsere nervöse Rahna schlug an. Und ich dachte schon, jetzt holt uns doch die GNR! Aber es war einer der Bauarbeiter, er hielt eine Tüte mit Knochen für Rahna in der Hand.
Eine schöne Geste – und für uns eine Bestätigung, dass wir mit der Offenheit für die Menschen und die Gegebenheiten vor Ort gut fahren.
Remotearbeiten und Probleme mit dem Homeoffice
Für unsere Impeditionen in Unternehmen ist genau diese Offenheit ein wertvolles Arbeitsmittel: Wir gehen nicht mit vorgefertigten Lösungen an die Probleme des Unternehmens heran. Um uns diese Offenheit zu bewahren, reisen wir, gehen wir auf Expedition, versuchen wir, uns mit unserem Lebens- und Arbeitsstil freizumachen vom klassischen Auftreten eines Unternehmensberaters. Wir glauben, dass unser Drang nach Freiheit, unser Wunsch, anders zu leben und zu arbeiten, als es gängig ist, uns beide erfüllter leben lässt – und gleichzeitig unseren Kunden ermöglicht, ihre ureigenen Probleme erfolgreich anzupacken.
Ein Problem, dass aktuell vielen unter den Nägeln brennt, ist: Wie gehen wir mit dem Homeoffice um? Bei vielen Mitarbeitern und Führungskräften und auch Unternehmern ist der Wunsch, auch remote arbeiten zu können, stark. Gleichzeitig haben aber viele Entscheider mit dem Remotearbeiten ein Problem, weil sie es als einen Kontrollverlust erleben, wenn sie ihre Leute nicht mehr Tag für Tag präsent im Unternehmen wissen.
Als wir jetzt von Portugal aus gearbeitet haben, konnte ich spüren, wie problembehaftet und gleichzeitig mit Sehnsucht aufgeladen das Thema Remotearbeiten ist.
Einige Kunden wussten, dass wir unterwegs sind. Wir haben das, während wir im Gespräch waren, nicht an die große Glocke gehangen. So nach dem Motto, wie es Mike einmal im Scherz meinte: „Da stehen wir mit dem ExMo am Strand, hinter uns das Meer und die Wellen und ich lächle in die Kamera: Hey, schaut her, hier arbeiten wir!“
Aber dennoch spürte ich, dass bei diesen Kunden, so sehr sie auch die Ergebnisse unseres speziellen Beraterstils schätzen, wir dennoch mit unserem Remotearbeiten einen wunden Punkt trafen: Ich spürte Sehnsucht: „Ich möchte auch gerne ins Homeoffice, ich möchte auch gerne freier arbeiten und leben.“ Und da war auch ein wenig Neid. Weil Mike und ich das jetzt tun.
Viele Unternehmen sind von ihrer Kultur, vom Selbstverständnis der Entscheider und auch vom Grad des Vertrauens untereinander noch nicht so weit, aus Homeoffice und der Remotearbeit eine Normalität zu machen. Sie sind in einem Zickzack-Kurs unterwegs, ja, nein, vielleicht. Leider. Das war ein großes Learning für uns, dass wir aus Portugal wieder mit in die Heimat nahmen.
Dabei kann diese Normalität ein Erfolgsrezept sein, wenn sie in ein Konzept von Vertrauen und Rücksichtnahme eingebettet ist. Wenn ihr es schafft, eure Offenheit zu bewahren und erkennt, was alles möglich ist, wenn ihr auf Freiheit und Respekt setzt.
Eure Anke