„Ich verstehe es nicht. Meine Mitarbeiter schaffen einfach nicht das, was sie sollen. Dabei haben sie alle nötigen Qualifikationen.“ Die Führungskraft im mittleren Management, die diese Beschwerde äußert, ist frustriert, das sehe ich ihr an. Ich frage sie, ob ihr in Gesprächen mit ihren Mitarbeitern in letzter Zeit etwas aufgefallen sei. Und – gleich hat sie noch eine Beschwerde. Denn die Sprechstunde, die die Abteilung im Vorjahr eingerichtet hat, wird schon seit Monaten nicht mehr wirklich angenommen. Ein klassisches Beispiel von „Gut gedacht, schlecht gemacht“, dass die Zusammenarbeit in Unternehmen nicht gerade leichter macht.
Halbherzig bringt herzlich wenig
„Die sind doch nicht echt!“, „Es passiert ja doch nichts.“ – ich brauchte nicht lange, um von den Mitarbeitern zu erfahren, was diese von der Sprechstunde hielten, welche die Unternehmensleitung eingeführt hatte. Das erinnerte mich an eine Lehrerin, die ich einmal hatte: Jedes Mal, wenn einer von uns Schülern eine Frage hatte, sagte sie: „Ah ha interessant, darauf kommen wir dann noch zurück!“ – aber sie kam niemals darauf zurück. Und dann fragten wir einfach nicht mehr. Es hatte ja eh keinen Sinn.
Viele Mitarbeiter, mit denen ich in unseren Unternehmensimpeditionen spreche, haben solch schlechte Erfahrungen mit Scheinbar-Sprechstunden gemacht, dass sie für dieses Thema gebrannte Kinder sind: Weil sie dort über ihre Sorgen oder ihren Ärger, oder auch über ihre guten Ideen sprechen – und sich danach rein gar nichts geändert hat. „Ich brauche keine Wohlfühlstunde!“, sagte mir eine Mitarbeiterin, „Ich will ernst genommen werden!“
Am falschen Ende investiert
„Ernst genommen werden …“ – genau das ist der Punkt, an dem es leider in vielen Unternehmen immer noch hakt. Denn nach wie vor gilt die klassische Bewertung zum Thema Mitarbeiterführung, Coaching und Kommunikation: eine Stunde investiert, eine Stunde weniger am Arbeitsplatz. Bei so einer Einschätzung ist ja klar, dass die Sprechstunde unter einem unglücklichen Stern steht. Denn die Haltung, die hinter dieser Einschätzung steht, strahlt aus – und so ist die Sprechstunde wirklich schlecht investierte Zeit.
Mit Geld nicht aufzurechnen
Eure Mitarbeiter durchschauen diese falschen Sprechstunden sofort. Sie verstehen, dass sie nicht ernst genommen werden und wollen sich später gar nicht mehr melden. Also: Macht lieber keine Sprechstunde, als halbherzige.
Wenn eure Mitarbeiter aber das Gefühl haben, dass ihr ihnen wirklich zuhört, dann kann das nicht mit Geld aufgerechnet werden. Denn in diesem Moment nehmt ihr eine Haltung ein, die von Authentizität und Wertschätzung geprägt ist: Dabei geht es gar nicht darum, dass ihr immer für jedes Problem eine Lösung habt. Aber echt zuhören. Echt im Gespräch sein. Das ist es. Damit sorgt ihr dafür, dass eure Mitarbeiter sich nicht in den „Dienst nach Vorschrift“ zurückziehen, weil sie das Gefühl haben, sie seien nur eine Nummer im Betrieb, für die sich eh keiner wirklich interessiert.
Unternehmen, die erfolgreich mit ihren Mitarbeitern kommunizieren, die es also schaffen, dass ihre Mitarbeiter sich nicht als Nummer am Arbeitsplatz fühlen. haben weniger Beschwerden und die Mitarbeiter setzen ihre Stärken am richtigen Platz ein.
Eure Anke