Mein New Work, mein Lean Management, mein Agile… manchmal fühle ich mich, wenn mir ein Kunde seine Prozesse präsentiert, an die alte Sparkassen-Werbung erinnert.
Mit Methoden wird gerne geprahlt. Sie werden viel zu oft als Statussymbole eingesetzt. So als wenn sie ein Must-have für Management It-Girls oder -Boys wären. In Magazin so und so, in der Fernsehsendung dort und hier, in der Zeitung hier und heute hieß es: von berufener Quelle: Agile ist out, Design Thinking ist in … – also das kann doch nur heißen: Gleich ein unternehmensweites Projekt starten, um am Puls des Erfolges zu bleiben. Oder?
Methoden sind nicht in Stein gemeißelt
Wann ist es euch das letzte Mal untergekommen, dass eine Methode als Heilsbringer positioniert wird? Wenn wir das jetzt genau nach Lehrbuch einführen, dann läuft unser Laden …
Aber Methoden wurden nicht wie die 10 Gebote in Stein gemeißelt, sie sind in einem bestimmten Setting, für ein bestimmtes Setting, entstanden. Und so passen sie bei einem besser, beim anderen Unternehmen eben nicht. Oder wie Mike es ausdrückt: Das Spotify-Modell passt nicht unbedingt auf Hierarchie-Denken … Das Spotify-Modell ist eher eine Inspirationsquelle für Organisationen, die sich in Richtung selbständiges und „purpose-driven“ Arbeiten und Entscheiden bewegen wollen.
Eine Methode also zu wählen, weil sie als der aktuelle „heiße Scheiß“ verkauft wird, ist meist im Unternehmen problematisch.
Passt die Methode überhaupt zu eurem Problem? Zur DNA eures Unternehmens, eurer Abteilung?
Was wollt ihr?
Wir wurden von einem Kunden mit einer Impedition beauftragt, der bei dem Versuch, Lean Management in seinem Unternehmen einzuführen, nicht nur schon drei Projektleiter verschlissen, sondern auch die Belegschaft demotiviert hat. Denn es hieß, die Methode solle dazu führen, die Kosten zu reduzieren (also Belegschaft …).
Ich fragte die Unternehmensleitung: Wollt ihr Lean Management einführen, weil ihr Lean Management einführen wollt (ihr kennt das, die nächste Sau …) oder weil ihr die Kosten reduzieren oder Verschwendung vermeiden wollt?
Und die Antwort: Nein, sie wollten nicht auf den Lean-Zug aufspringen und den Preis für „Best of-Lean Management“ gewinnen. Sie wollten auch nicht in erster Linie die Kosten reduzieren. Sie wollten dafür sorgen, dass die Menschen im Unternehmen besser zusammenarbeiten, dass die Reibungsverluste zwischen den Abteilungen weniger werden.
Und nachdem dieses Ziel klar war, konnten wir die Methode und Tools so für das Unternehmen adaptieren, dass es Sinn macht.
Reine Lehre versus Methodenmix
Grundsätzlich haben alle Methoden ihren Vorteil, wichtig ist nur, sie im richtigen Kontext und Anwendungsgebiet anzuwenden. Sich auf eine Methode zu beschränken, sie als reine Lehre und Heilsbringer zu verkaufen, ist kein guter Beraterstil. Und kann für ein Unternehmen teuer werden.
Ich plädiere für einen Methodenmix. Das heißt natürlich, sich in den Methoden auszukennen, um je das richtige Tool auszuwählen. Und das heißt, den Kundennutzen über die Methoden zu stellen. Gar nicht so selbstverständlich, wie es klingt. Mein Vergleich mit den 10 Geboten kommt nicht von ungefähr …
Eure Anke